Von der Suche nach einem Schlafplatz in Kerman, nervigen Polizeikontrollen und Hilfsbereitschaft
Wir kommen abends in Kerman (Iran) an und wissen wieder mal nicht, wo wir heute schlafen sollen. Leider konnte uns keiner der Personen aufnehmen, die wir von Freunden empfohlen bekommen haben. An Couchsurfing haben wir uns gar nicht erst mehr probiert, da die Plattform ja als Unternehmen agiert und seit Mitte Mai Corona-Geldsorgen als Vorwand nimmt, um endlich mehr Geld zu verdienen. Das bedeutet, das man sich nicht mehr bei seinem Account anmelden kann, ohne zu einem Mitgliedsbeitrag gezwungen zu werden. Also machen wir uns auf den Weg zu dem nächstgelegenen Park, der auf der Karte irgendwie groß genug scheint, um dort möglichst unentdeckt unser Zelt aufzubauen. Schließlich haben wir zumindest eine geldfreie Bleibe, das Zelt, immer mit dabei.
Wir laufen die Straße hinunter. Vorbei an dem Polizeiauto, das ich mit genervten Blick schon von Weitem gesehen habe. Genervt, weil ich erwarte, dass wir mal wieder kontrolliert werden. Geschah schließlich in den letzten paar Tagen fast täglich. Einmal sogar von einem Polizisten, der uns brüllend aufgefordert hat, von unserem Campingplatz in einem Canyon den ganzen Weg zu ihm hochzusteigen, um uns auszuweisen. Denn wir sehen ja irgendwie anders aus, was nicht nur an unseren Rucksäcken zu liegen scheint. Dieses Mal sollte der Tag aber ohne lästige Kontrolle zu Ende gehen.
Dann hält neben uns plötzlich ein Auto an. Zuerst überlege ich es zu ignorieren, da es wieder einer dieser Personen zu sein scheint, die uns alle englischen Wörter hinterherrufen, an die sie sich erinnern können, die uns fotografieren wollen oder die nervige Frage stellen, wie z.B. woher wir kommen. Dieser Fahrer fragt allerdings, ob wir Hilfe brauchen. Ich antworte, das wir nur ein Plätzchen zum Schlafen suchen, einen Ort für unser Zelt im Park. Und zack. Der Fahrer überlegt kurz und erzählt uns dann, dass er eine Zweitwohnung hat, wo wir bleiben könnten. Kein Geld nötig. Solange wir wollen. Wohnt sowieso gerade keiner drin. „Wow, perfekt!“, denk ich mir.

Filmabend in „unserer“ Wohnung mit Snacks und Teddy
Was kann man daran wieder mal sehen?
Wenn Menschen allein den Überfluss (z.B. leere Sitzplätze im Auto, Platz zum Schlafen in der eigenen Wohnung, nicht in jeder Sekunde benötigte Dinge wie Bohrmaschinen) mit Menschen ohne Profitgedanken teilen würden, die davon etwas benötigen, bräuchte es wohl schon jetzt deutlich weniger Ressourcen und weniger Arbeit. Ach ja, wie schön wäre eine Welt ohne Geld- und Leistungszwang, aber gefüllt mit gegenseitiger Hilfe und Solidarität? Diese Welt scheint zwar noch weit weg, aber bei all der Hilfe und (Gast-)freundschaft, die wir besonders hier im Iran erfahren, scheint es uns doch möglich, einer solchen Welt Schritt für Schritt näher zu kommen.
Schaffen wir uns eine solche Welt am besten selbst mit eigenen Aktionen – unabhängig davon wie eine Person aussieht oder woher sie kommt. :)